9.6.1990 – Sonderzug „TuS-Fan-Express“ nach Ölsburg

Reinhard Wieland erinnert sich an das Halbfinale im Landespokal

Zur Person: 
Reinhard Wieland (Jahrgang 1949, seit 1974 Bersenbrücker und TuS-ler mit Leib und Seele) wechselte 1985 vom SV Nortrup zu den Alte Herren-Fußballern des TuS. In der Ü40 und Ü50 des TuS war er Stammspieler und leitete bis 2012 fast 10 Jahre die Ü50-Mannschaft, mit der er sich weiterhin eng verbunden fühlt. Von 1985 bis 1991 trainierte er die E-, D- und C-Jugend im TuS und von 1987 bis 1997 lenkte er als Schrift- und Geschäftsführer im Vorstand mit die Geschicke des Vereins. In dieser großen Zeit des TuS gab es viel zu tun und so wurde auch der unvergessliche „TuS-Fan-Express“ durch Reinhard Wieland organisiert. Heute ist er noch Kassenprüfer im TuS und ein echter Fan der 1. Mannschaft.

 

 

Sein Beitrag: 
Nach dem Gewinn des Bezirkspokal am 24.5.1990 gegen FC Norden (2:0 vor 1600 Zuschauern) wurde uns der TSV Victoria Ölsburg für das Halbfinale im Landespokal zugelost. Aber wo liegt denn das und wie kommen wir da hin? Nun, Ölsburg ist ein Teil der Gemeinde Ilsede im Kreis Peine und hat sogar einen (Güter-)Bahnhof an der Strecke zur Ilseder Hütte (Peine-Salzgitter-Konzern). Der aufstrebende Verein, Meister der Bezirksklasse und Aufsteiger zur Bezirksliga, hatte ebenfalls Großes im Pokal vor. 
Mehrfach wurde ich euphorisch von TuS-Fans angesprochen, ob ich nicht „als Eisenbahner“ einen Fan-Sonderzug („wie beim VfL“) organisieren könnte; die Idee war ja wirklich verlockend. Und da ich im Vertrieb bei der Generalvertretung der Bundesbahndirektion Hannover in Osnabrück direkt an der Quelle tätig war, reifte bei mir der Plan. Eine Vorkalkulation wurde erarbeitet: Kosten für die Loks, 3-4 Wagen, Personale usw. erfordern mindestens 350 Teilnehmer und es blieb ein großes Restrisiko für den Verein, wenn die Fahrpreise (25 DM Erw., 20 DM Kinder) dabei moderat bleiben sollten. Die Zeit drängte für eine Entscheidung und so musste ich termingebunden am Frühschoppen-Montag in Priggenhagen Paul Fleddermann aus dem Festzelt rufen lassen (Handys gab´s noch nicht) und die Zustimmung des letztlich verantwortlichen Vorstandsvorsitzenden einholen. So richtig wohl war uns dabei nicht - aber wir waren zuversichtlich, dass wir den Zug in einer Woche voll kriegen werden.

 

 

Nach der Entscheidung wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt und die Durchführung eingeleitet. Das größte Problem lag in Ilsede: wie kommen wir von Peine (DB) bis nach Ilsede (Werksbahn) und dann zum Stadion? Also machte ich kurzfristig einen Termin mit dem Vorstand des TSV und der Werksbahn (ungläubiges Staunen über unser Vorhaben!), setzte mich in den Zug und fuhr nach Peine. „Mindestens 350 Fans werden mit dem Sonderzug (4-5 Wagen) in Ilsede eintreffen: wo können wir sicher aussteigen und bitte denkt an die Versorgung unsere Fans!“. Nun gab es aber keinen für den Personenverkehr zugelassenen Bahnsteig mehr im Bahnhof Ilsede! Die Werksbahn sagte dann zu, eine Güterladestraße am Gleis zu räumen und für zumindest 3 Wagenlängen zum Aussteigen sicher herzurichten, das würde wohl reichen. So konnte nun der endgültige Fahrplan bis nach Ilsede-Ölsburg erstellt werden und die Werbung in der Presse und mit Handzetteln und Aushängen begann. Selbst die Peiner- und Braunschweiger Zeitungen berichteten vorab über unseren Fan-Sonderzug! 
Und unsere Fans meldeten sich schnell an, bald schon mussten wir einen 5. und 6. Wagen zusätzlich ordern, damit waren die über 500 Plätze im Zug ausverkauft und zusätzlich gab´s noch den Samba-Tanzwagen! Um 12.20 Uhr starteten wir stimmungsvoll im Bahnhof Bersenbrück und rollten über Osnabrück (fahnenschwenkend und aus allen Rohren tönend durch den Bahnhof) und Hannover nach Peine, wo uns dann eine Werkslok bis nach Ilsede brachte. Über 500 TuS-Fans strömten vom Bahnhof ins Stadion und das große (Heim-)Spiel für den TuS konnte um 16 Uhr vor 1.100 Zuschauern beginnen. Den symbolischen Anstoß vollzogen Bersenbrücks mitgereister Bürgermeister Walter Sandbrink und sein Ilseder Amtskollege! Der spannende Pokalfight endete nach Verlängerung torlos 0:0. Im dramatischen Elfmeterschießen gelang Klaus Mertens, „dem bestem Spieler auf dem Platz“ (Braunschweiger Zeitung), der entscheidende Siegtreffer zum verdienten 6:5. Nun gab es kein Halten mehr: die Fans stürmten den Platz, denn unser TuS war im Endspiel des Niedersachsenpokals und hatte damit die große Chance am DFB-Pokal teilzunehmen! 
Auf der Rückfahrt war dann Stimmung pur im Samba-Express und die Mannschaft, die ebenfalls im Zug mit zurückfuhr, wurde entsprechend gefeiert!!! Eine unvergessliche Reise im „TuS-Fan-Express“, die sicherlich vielen noch in guter Erinnerung ist und bleibt.

Sportliche Grüße 
Reinhard Wieland                           Hermann Thöle